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Der Strommarkt im 2. Quartal 2023
Hohe PV-Einspeisung
20.07.2023 – Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung lag im zweiten Quartal 2023 bei 59,3 Prozent. Der Stromverbrauch war um 4,2 Prozent geringer als im Vorjahresquartal. Der durchschnittliche Großhandelsstrompreis war mit 92,29 Euro/MWh halb so hoch wie im Vorjahreszeitraum. Im kommerziellen Außenhandel war Deutschland Nettoimporteur.
Stromverbrauch nochmals geringer als in vorherigen Quartalen
Die Entwicklung des sinkenden Stromverbrauchs (der Netzlast) setzte sich auch im vergangenen Quartal fort. Im Vergleich zum Vorjahresquartal war der Verbrauch um 4,2 Prozent geringer. In der Betrachtung der einzelnen drei Monate zeigt sich die größte Abweichung im April.
Einspeisung durch Photovoltaik-Anlagen um 6,3 Prozent höher
In den vergangenen drei Monaten war die Einspeisung* durch Photovoltaikanlagen um 6,3 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Grund dafür war einerseits der Zubau der Anlagen. Die installierte Erzeugungsleistung stieg im Vergleich zum Vorjahr um 4,5 GW.* Andererseits waren die Wetterbedingungen in den letzten Monaten durch viele Sonnenstunden und wenig Regen, insbesondere im Juni, entsprechend förderlich (Deutscher Wetterdienst). In Summe machten Photovoltaikanlagen mit 21,6 Prozent den größten Anteil der Erneuerbaren an der Gesamterzeugung aus.
Höher als im Vorjahresquartal war auch die Erzeugung durch Wasserkraft. Sie war im Vergleich um 14,4 Prozent höher. Grund dafür könnte die starke Trockenheit im Vorjahr sein.
Etwas geringer als im Vorjahresquartal waren die Einspeisung durch Wind Onshore (-1,9%) und Offshore (-1,3%) sowie Biomasse (-0,7%).
Insgesamt stieg der Anteil der Erneuerbaren an der Gesamterzeugung* auf 59,3 Prozent. Durch die höhere Einspeisung auf der einen und den geringeren Stromverbrauch auf der anderen Seite, konnten sie mit 53,6 Prozent einen hohen Anteil des Stromverbrauchs (der Netzlast) decken.
Abschaltung der verbliebenen Kernkraftwerke
Im April wurden die letzten drei Kernkraftwerke Deutschlands abgeschaltet. Die sogenannte „Abfahrtsrampe“ zeigte sich in den kraftwerksscharfen SMARD-Daten. Entsprechend gering war ihr Anteil an der Erzeugung im zweiten Quartal in der Gesamtbetrachtung.
Ein deutlicher Rückgang zeigte sich zudem bei der Erzeugung durch Braun- (-31,6%) und Steinkohle (-43,8%). Hintergrund könnte die insgesamt rückläufige Stromerzeugung aufgrund der geringeren Nachfrage sein. Zudem gab es erhöhte Nichtverfügbarkeiten einzelner Anlagen am Strommarkt, beispielsweise durch Wartungs- oder Reparaturarbeiten.
Deutlich gestiegen ist hingegen die Erzeugung durch Pumpspeicher (+21,3%). Auch die Erzeugungswerte durch Erdgas sind gestiegen (+47,7%). Die Veränderung bei Erdgas ist auf Änderungen bei der Datenmeldung der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber zurück zu führen. Die Bundesnetzagentur steht in stetigem Austausch mit ihnen um die Qualität der Datenmeldung zu verbessern. Dabei geht es insbesondere um die sogenannten Abdeckungsgrade, die im SMARD-Benutzerhandbuch aufgeführt sind. In diesem Zuge wurden Datenmeldungen aktualisiert. In der Folge haben drei der vier Übertragungsnetzbetreiber ihre Werte auch für zurückliegende Zeiträume nach unten korrigiert. Gleichzeitig verzeichnet der vierte Übertragunsnetzbetreiber nach neuer Messungsmethodik nun deutlich höhere Werte. Ingesamt führt das im Vergleich der Werte von 2022 zu 2023 zu deutlich gestiegenen Werten der Erdgaserzeugung. Es wird geprüft, ob auch in diesem Fall eine Aktualisierung der zurückliegenden Werte möglich ist.
Ein Grund für den grundsätzlich weiterhin erfolgenden Einsatz von Gaskraftwerken ist deren Flexibilität. Sie herunter- und wieder hochzufahren ist im Vergleich zu Kohle- und Kernkraftwerken in einer deutlich kürzeren Zeit möglich. Das bietet insbesondere Vorteile, wenn kurzfristig eine höhere Stromnachfrage bedient werden muss. Hilfreich und teilweise unentbehrlich sind Gaskraftwerke auch für die Netzentlastung (Redispatch) und zur Frequenzsicherung (Regelenergie). Die hohe Flexibilität zeigt sich in den Einspeisezeitreihen der Gaskraftwerke.
Auch bei der Erzeugung von Prozess- und Fernwärme wird Erdgas eingesetzt. Dabei wird oft aus technischen Gründen parallel zur Wärmeerzeugung Strom produziert. Aus Betreibersicht ist nachvollziehbar, dass KWK-Anlagen (KWK = Kraft-Wärme-Kopplung) ihre Stromproduktion aufrechterhalten, wenn sie dafür verantwortlich sind, Wärme in ein städtisches oder industrielles Wärmenetz einzuspeisen und die Wärmeproduktion noch nicht von der Stromproduktion entkoppelt werden kann, oder dies mit höheren Kosten für den Betreiber verbunden ist.
Aus den Veränderungen bei den erneuerbaren und konventionellen Energieträgern ergab sich im zweiten Quartal eine um 12,2 Prozent geringere Gesamterzeugung als im Vorjahresquartal.
Durchschnittlicher Großhandelsstrompreis halb so hoch wie im Vorjahresquartal
Mit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine waren die Preise auf den Großhandelsmärkten für Strom, Gas und Kohle sehr deutlich angestiegen. Die Entwicklung der Strompreise war sehr volatil und korrelierte eng mit der Entwicklung der Gaspreise.
Die höheren Strompreise im Jahresverlauf lagen hauptsächlich in den seit der zweiten Jahreshälfte 2021 angestiegenen Erdgaspreisen begründet. Erdgaskraftwerke setzten in vielen Stunden im europäischen Stromgroßhandel den Preis. Im letzten Quartal des Jahres 2022 hatte sich dann ein Rückgang der Strompreise gezeigt.
Aus den oben genannten Gründen kam es auch im Vorjahresquartal vermehrt zu hohen Preisen. Im Vorjahresquartal hatte der Höchstpreis 500,00 Euro/MWh betragen und es ergab sich ein Durchschnittspreis von 186,98 Euro/MWh.
Im zweiten Quartal hat sich der Durchschnittspreis nun auf 92,29 Euro/MWh mehr als halbiert. Grund dafür war einerseits der oben genannte gesunkene Stromverbrauch, sowie der hohe Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung. Mit 207,92 Euro/MWh war auch der Höchstpreis weniger als halb so hoch wie im Vorjahresquartal. In 64 der 2.184 gehandelten Stunden kam es zudem zu negativen Preisen, die den Durchschnittspreis entsprechend minderten. Im zweiten Quartal 2022 war es nur in 24 Stunden zu negativen Preisen gekommen.
Hinzu kam, dass im letzten Quartal des Jahres 2022 einige Kohlekraftwerke an den Markt zurückkehrten, was die Erzeugungskapazitäten und somit das Angebot am Großhandelsstrommarkt erhöhte. Weiterhin sind im Oktober die Erzeugungskosten der Gaskraftwerke zurückgegangen, nachdem die Preise für Erdgas zwischenzeitlich gesunken waren.
Day-Ahead Großhandelsstrompreis in Deutschland | ||
2. Quartal 2023 | 2. Quartal 2022 | |
Durchschnitt [Euro/MWh] | 92,29 | 186,98 |
Minimum [Euro/MWh] | -129,96 | -13,85 |
Maximum [Euro/MWh] | 207,92 | 500,00 |
Anzahl Stunden negativer Preise | 64 | 24 |
Der höchste Preis von 207,92 Euro/MWh trat am Mittwoch, den 5. April zwischen 07.00 und 08.00 Uhr auf. In dieser Stunde machte die Erzeugung durch konventionelle Energieträger mit 46,1 GWh an der Gesamterzeugung (56,4 GWh) aus. Dies führte zu dem hohen Preis, der in diesem Zeitraum zudem über dem Durchschnittspreis der Anrainerstaaten (199,22 Euro/MWh) lag.
Der geringste Preis in Höhe von -129,96 Euro/MWh wurde am Sonntag, den 28. Mai zwischen 14.00 und 15.00 Uhr verzeichnet. In diesem Zeitraum lag eine Einspeisung erneuerbarer Energien in Höhe von 43,7 GWh vor, die nahezu vollständig den Verbrauch in Höhe von 43,9 GWh decken konnte. In dieser Stunde kam es außer im Marktgebiet Italien Nord, sowie Polen, auch in allen anderen Ländern, mit denen Strom gehandelt wird, zu negativen Preisen. Mit -400,00 Euro/MWh trat der geringste Preis in den Niederlanden auf.
Kommerzieller Außenhandel
Im zweiten Quartal 2023 importierte Deutschland 7.993,7 GWh mehr Strom als es exportierte und war somit Nettoimporteur. Im Vorjahresquartal hatte es noch einen Nettoexport in Höhe von 3.646,4 GWh gegeben.
Angebot und Nachfrage bilden ein gesamteuropäisches Zusammenspiel. Strom wird im europäischen Verbund dort erzeugt, wo dies am günstigsten möglich ist. Deutschland und die anderen europäischen Länder können so wechselseitig von den jeweils günstigsten Erzeugungsbedingungen profitieren. Die Großhandelsstrompreise und der Handel sind das Ergebnis dieses Zusammenspiels. Es kann daher nicht nur aus Versorgungsgründen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll sein, Strom aus dem Ausland zu importieren, oder umgekehrt zu exportieren. Zudem spielen Netzkapazität und -Stabilität bei den Handelsströmen eine Rolle.
Grund für den Vorzeichenwechsel im Außenhandel waren im zweiten Quartal die Großhandelsstrompreise der anderen Länder. Folgende Grafik zeigt, wie der durchschnittliche deutsche Großhandelsstrompreis, sowie jener der Anrainerstaaten und den Nettoexport im vergangenen Quartal verlaufen sind:
In der obigen aggregierten Grafik zeigt sich, dass zumeist der Nettoexport sank, wenn der Preis durchschnittlich in den Anrainerstaaten günstiger war, er jedoch wieder anstieg, wenn Strom in den anderen Ländern teurer war als in Deutschland.
Ein Blick in die stündlichen Day-Ahead-Preise zeigt, dass Strom in den Ländern, aus denen netto mehr Strom importiert wurde, in vielen Stunden günstiger war oder auch Preisgleichheit bestand. In beiden Fällen kann es dann wirtschaftlich sinnvoll sein, Strom zu importieren. Häufige Preisgleichheit zeigte sich insbesondere bei den Ländern, die gemeinsam mit Deutschland Teil des sogenannten „Flow Based Market Couplings“ sind. Dabei handelt es sich um eine Kapazitätsberechnungsmethode, die zu einer effizienteren Nutzung der Übertragungskapazitäten und einer Preisangleichung führt.
Nettoimporteur war Deutschland gegenüber:
- Dänemark 1 mit 2.473,0 GWh (2. Quartal 2022: 1.470,7 GWh)
- Norwegen mit 1.303,5 GWh (2. Quartal 2022: 1.083,1 GWh)
- Frankreich mit 1.272,7 GWh (2. Quartal 2022 Nettoexport: 1.937,5 GWh)
- Niederlande mit 1.131,7 GWh (2. Quartal 2022: 428,6 GWh)
- Schweiz mit 702,6 GWh (2. Quartal 2022 Nettoexport: 1.653,2 GWh)
- Dänemark 2 mit 676,7 GWh (2. Quartal 2022: 646,8 GWh)
- Schweden mit 670,7 GWh (2. Quartal 2022: 683,3 GWh)
- Tschechien mit 248,4 GWh (2. Quartal 2022 Nettoexport: 861,6 GWh)
- Belgien mit 240,3 GWh (2. Quartal 2022 Nettoexport: 37,0 GWh)
- Österreich mit 92,4 GWh (2. Quartal 2022 Nettoexport: 3.126,5 GWh)
- Polen mit 24,3 GWh (2. Quartal 2022: 588,0 GWh)
Abnehmerland des Stroms aus Deutschland war:
- Luxemburg mit 842,6 GWh (2. Quartal 2022: 931,1 GWh)
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*Bei der realisierten Erzeugung handelt es sich um die Nettostromerzeugung. Sie beziffert die Einspeisung in das Netz der allgemeinen Versorgung, abzüglich des Eigenverbrauchs der Kraftwerke. Die Erzeugung im Netz der Deutschen Bahn sowie innerhalb von Industrienetzen und geschlossenen Verteilnetzen ist nicht Bestandteil der realisierten Erzeugung.