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Energiemarkt aktuell
Einordnung der hohen Großhandelsstrompreise
06.12.2021 - Im Vergleich zum Vorjahr sind die Großhandelsstrompreise deutlich gestiegen. Gründe hierfür sind ein gestiegener Stromverbrauch sowie höhere Erzeugungskosten der konventionellen Kraftwerke bei einer geringeren Einspeisung aus erneuerbaren Energien.
Der durchschnittliche deutsche Großhandelsstrompreis am EPEX SPOT Day-Ahead-Markt war mit 85,31 Euro/MWh von Januar bis November 2021 mehr als doppelt so hoch wie im Jahr zuvor (29,26 Euro/MWh). Zur weiteren Einordnung: Von Januar bis einschließlich November 2019 betrug der Durchschnittspreis 38,20 Euro/MWh.
Im November 2021 wurde Strom am Großhandelsmarkt durchschnittlich zu 176,15 Euro/MWh gehandelt.
Einflussfaktoren auf die Großhandelsstrompreise
In der zweiten Jahreshälfte 2021 sind die Gas- und Stromgroßhandelspreise in der EU deutlich angestiegen. Im Oktober waren die durchschnittlichen Gaspreise um etwa 400 Prozent höher als im April 2021. Die durchschnittlichen Großhandelsstrompreise sind im gleichen Zeitraum um 200 Prozent gestiegen.
Hauptursache für die allgemein hohen Großhandelsstrompreise in Europa ist der weltweite Anstieg bei den Brennstoffpreisen, insbesondere bei Erdgas. Dieser wiederum ist auf einen Nachfrageanstieg bei einem zugleich knappen Angebot und geringeren Speicherständen zurückzuführen. Die asiatische Nachfrage nach Flüssigerdgas (LNG) hat deutlich zugenommen, was die Weltmarktpreise in die Höhe treibt und dazu führt, dass weniger Gas für Einfuhren nach Europa zur Verfügung steht. Die LNG-Einfuhren in die EU sind bis September 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 20 % zurückgegangen. Da LNG auf vielen EU-Gasmärkten der Preissetzer ist, führt dies auch zu einem Preisanstieg von Gas, welches durch Pipelines transportiert wird.
Des Weiteren ist der EU CO2-Zertifikatepreis seit Beginn dieses Jahres deutlich gestiegen. Beispielsweise wurde im November 2021 ein Emissionszertifikat für eine Tonne CO2 durchschnittlich zu 65,68 Euro gehandelt. Im November 2020 lag der Preis an der Energiebörse EEX noch bei 26,57 Euro/t CO2. Die verschärften Klimaschutzziele der EU spiegeln sich zunehmend im Emissionshandel wider. In Erwartung einer Verknappung der Zertifikate, erhöhte sich der Preis durch eine höhere Nachfrage der Marktteilnehmer.
Durch die höheren Gaspreise ist auch die relative Rentabilität der Gaskraftwerke gegenüber Kohlekraftwerken gesunken. Die Wettbewerbsfähigkeit der Kohlekraftwerke ist, trotz hoher Kosten für CO2-Zertifikate, analog dazu gestiegen. Der Kostenvorteil von Gaskraftwerken wegen des geringeren Bedarfs an CO2-Zertifikaten wurde von den höheren Gaskosten überlagert. Dies zeigt sich – im Vergleich zum Vorjahr – in einer höheren Stromerzeugung aus Steinkohle und geringeren Stromerzeugung aus Erdgas (vgl. Stromerzeugung und Stromhandel im Oktober 2021).
Der Anstieg der Großhandelsstrompreise im Vergleich zum Vorjahr liegt zusätzlich in einem höheren Stromverbrauch begründet. Im Jahr zuvor hatten die ab Mitte März beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu einem deutlich geringeren Stromverbrauch geführt. Eine niedrige Nachfrage in 2020 war ein wesentlicher Faktor für ein niedriges Preisniveau.
Darüber hinaus lag die Erzeugung aus erneuerbaren Energien von Januar bis einschließlich November 2021 etwa 8,4 Prozent unter dem Vorjahreswert. Dabei war insbesondere die Erzeugung durch Windkraftanlagen geringer. So lag die Erzeugung durch Wind-Onshore Anlagen 15 Prozent und die durch Wind-Offshore- Anlagen 11,6 Prozent unter den Vorjahreswerten.
Die Werte der Erneuerbaren sind im Vergleich auch deshalb insgesamt geringer, weil es im Jahr 2020 eine außergewöhnlich hohe Einspeisung gab. Im Vergleich zum Jahr 2019 war die Erzeugung aus Erneuerbaren von Januar bis November beispielsweise nur um 2,4 Prozent geringer. Die Erneuerbaren hatten folglich einen geringeren preisdämpfenden Effekt als in den Vorjahren.
Höhere Preise für CO2-Zertifikate und Brennstoffe verteuern die Erzeugungskosten für Strom aus fossilen Energieträgern. Dies spiegelt sich in Kombination mit einem höheren Stromverbrauch insbesondere in Perioden mit geringer Einspeisung aus erneuerbaren Energien in höheren Großhandelspreisen wider.
Mögliche Auswirkungen auf die Endkundenpreise und Ausblick für das Jahr 2022
Endkundenpreise für Strom und Gas werden in Deutschland überwiegend für längere Zeiträume vergeben, das heißt, Verbraucher zahlen die vertraglich vereinbarten Preise unabhängig von Veränderungen des Börsenpreises. Energieversorger wiederum kaufen ihrerseits den Strom im Terminhandel typischerweise langfristig ein. Kurzfristige Preisänderungen an den Großhandelsmärkten wirken sich deswegen nur verzögert auf die Endkundenpreise aus. Nur der Anteil an Strom, den Energieversorger kurzfristig beschaffen, muss zu aktuell hohen Preisen erworben werden und kann die Wirtschaftlichkeit der Versorgungsunternehmen beeinflussen.
Einen Ausblick auf künftige Preisentwicklungen an den Großhandelsmärkten geben die Daten des Terminhandels: So prognostizieren die Preiskurven für mittelfristig zu bedienende Gas- und Stromgroßhandelskontrakte einen deutlichen Rückgang ab April 2022. Mit dem Ende der Heizperiode wird voraussichtlich auch die Gasnachfrage sinken. Gleichzeitig erwartet der Markt eine Angebotsausweitung. Das Abflachen der Preiskurven setzt sich dann sukzessive bis Juni 2024 fort.