Hinweis: Diese Webseite ist für die von Ihnen genutzte Browser-Version nicht optimiert.
So funktioniert der Strommarkt
Der Strommarkt besteht aus verschiedenen Teilmärkten mit eigenen Preissignalen, an denen Erzeuger und Verbraucher ihre Planungen ausrichten. Unvorhersehbare Abweichungen von diesen Planungen gleichen die Übertragungsnetzbetreiber mit der Regelreserve aus. Das Bilanzkreis- und Ausgleichsenergiesystem sorgt für den kostenoptimalen Einsatz von Angebot und Nachfrage. Der Strommarkt vergütet dadurch Arbeit und Leistung.
Auf jedem Markt gilt: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Auf dem Wochenmarkt, beispielsweise, kann jeder Landwirt seine Kartoffeln anbieten. Wenn ein Besucher Kartoffeln benötigt und bereit ist, den geforderten Preis zu zahlen, kommen die Handelspartner ins Geschäft. Der Kunde zahlt, nimmt sein Gemüse und verarbeitet es, verkauft es sofort weiter oder legt es in die Kühlung, um es später zu nutzen. Das ist beim Strom anders.
Strom ist im Gegensatz zu anderen Waren leitungsgebunden und kaum speicherfähig. Auch wenn in jedem Haushalt Akkus zu finden sind, kommen die meisten Techniken zur Stromspeicherung in großem Maßstab noch an ihre Grenzen. Sie sind noch nicht ausgereift oder rechnen sich nicht auf dem Markt. Das bedeutet: Strom muss im selben Moment produziert wie verbraucht werden.
Der Strommarkt bringt Angebot und Nachfrage zusammen.
Das zentrale Steuerungselement ist der Preis.
Das hat auch zur Folge, dass sich der Strompreis innerhalb eines Tages immer wieder ändert. Ist das Angebot groß und die Nachfrage klein, ist der Preis niedrig. Umgekehrt steigen die Preise, wenn eine große Nachfrage auf ein kleines Angebot trifft. Im Strommarkt kann sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage und damit die Preise relativ schnell ändern, wenn beispielsweise eine Windfront die Windturbinen antreibt, oder ein großes Kraftwerk ausfällt. Das bedeutet für die Stromverkäufer und Stromkäufer, dass sie die Preise bis zur Lieferung im Blick behalten müssen.
Der Strommarkt besteht aus Teilmärkten mit unterschiedlichen Preisen
An der Strombörse gibt es deshalb verschiedene Handelsprodukte mit unterschiedlicher Vorlaufzeit vom Kauf bis zur tatsächlichen Lieferung. Auf dem Terminmarkt werden Stromlieferungen mit einem Vorlauf von mehreren Jahren gehandelt. Mit diesen langfristigen Verträgen versichern sich Käufer gegen das Risiko steigender Preise. Für die Planungssicherheit zahlen sie einen Preisaufschlag, den die Verkäufer wiederum als zusätzlichen Erlös verbuchen. Langfristige Verträge sichern den Erzeugern ihre Einnahmen, mit denen sie beispielswiese auch neue Erzeugungskapazitäten finanzieren können.
Je näher der Tag der Lieferung kommt, desto präziser lassen sich die tatsächlichen Verbrauchs- und Erzeugungsmengen voraussagen. Deshalb besteht auch der kurzfristige Spotmarkt aus zwei Märkten mit unterschiedlicher Vorlaufzeit: Der Day-Ahead- und der Intraday-Markt. Day-Ahead handeln Marktteilnehmer Strom für den Folgetag. Die Kauf- und Verkaufsgebote müssen mit Angabe der Menge und der Lieferzeit bis 12 Uhr gemeldet werden. Anschließend ermittelt die Börse den Großhandelspreis für jede Stunde des nächsten Tages und erteilt den Zuschlag für die zum Zuge kommenden Gebote. Der so ermittelte Großhandelspreis ist ein wichtiger Referenzwert für den Strommarkt – das ist ähnlich zu einem Tagesschlusskurs für eine Aktie am Aktienmarkt. Daher werden die Day-Ahead-Großhandelspreise der wichtigsten Strombörse EPEX auf SMARD dargestellt. Im kontinuierlichen Intraday-Handel können Strommengen dann bis 30 Minuten vor der Lieferung gehandelt werden. Die Vorlaufzeit beträgt sogar fünf Minuten, wenn das Handelsgeschäft in der gleichen Regelzone stattfindet.
Lang- und kurzfristiger Handel auch außerhalb der Börse
Neben dem Börsenhandel gibt es außerbörslichen Handel. Dieser kann einerseits an organisierten Marktplätzen, aber auch bilateral erfolgen. Bei diesem Handel – auch OTC für „Over the Counter“ genannt – erfolgt die Preis- und Mengenabsprache nur zwischen zwei Handelspartnern. Hier werden langfristige Verträge vergleichbar mit dem Terminhandel geschlossen, aber auch sehr kurzfristige vergleichbar mit dem Spothandel.
Der Strommarkt sorgt für ausreichende Kapazitäten und eine sichere Stromversorgung
Damit jederzeit ein Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage möglich ist, müssen ausreichend Kapazitäten – d.h. Erzeuger oder flexible Verbraucher – am Markt vorhanden sein. Preissignale sorgen dafür, dass die Marktakteure einen effizienten Technologiemix aus flexiblen Erzeugern und flexiblen Verbrauchern bereitstellen und rechtzeitig in neue Kapazitäten auf der Erzeugungs- oder Verbrauchsseite investieren. Die Marktakteure nutzen für ihre Investitionsentscheidungen in die Zukunft gerichtete Marktpreisprognosen und Preisnotierungen im Terminmarkt. Lassen diese erwarten, dass sich Investitionen rentieren, liegt eine wesentliche Voraussetzung für eine positive Investitionsentscheidung vor.
Für eine sichere Versorgung sorgt der Strommarkt durch Preissignale zusätzlich jederzeit dafür, dass die vorhandenen Kapazitäten im erforderlichen Umfang kontrahiert und tatsächlich eingesetzt werden.
Ausgleichsenergiekosten synchronisieren Erzeugung und Verbrauch
Es ist technisch wichtig, dass immer exakt genau so viel Strom eingespeist wird, wie auch genutzt wird. Die kaufmännische Lösung für diesen Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch sind sogenannte Bilanzkreise. Das Bilanzkreissystem verpflichtet alle Erzeuger und Verbraucher auf Basis von Last- und Erzeugungsprognosen ausgeglichene Fahrpläne anzumelden und einzuhalten sowie unvorhergesehene Fahrplanabweichungen durch Ausgleichsenergie aus der Regelreserve abzurechnen.
Jeder Erzeuger und jeder Verbraucher in Deutschland ist in einem Bilanzkreis erfasst. Ein Bilanzkreis ist ein virtuelles Energiemengenkonto, geführt von einem Bilanzkreisverantwortlichen. Dieser ist – neben anderen wichtigen Aufgaben – der „Buchhalter“. Er erfasst zu jeder Zeit, wie viel Strom jeder Teilnehmer in das Netz ein- und ausspeist, also produziert oder verbraucht. Wie bei einem Finanz-Konto sorgt er dafür, dass Zu- und Abgänge korrekt sind – mit der Besonderheit, dass auf dem Energiemengenkonto kein Betrag verbleiben darf.
Auch bei sehr guter Planung kann es vorkommen, dass sich der tatsächliche Verbrauch in einem Bilanzkreis von der Erzeugung unterscheidet. Dann gleichen die Übertragungsnetzbetreiber den Unterschied zwischen Angebot und Nachfrage aus. Sie beschaffen dafür unterschiedliche Arten von Regelreserve: Primärregelreserve muss innerhalb von 30 Sekunden nach Anforderung vollständig zur Verfügung stehen, Sekundärregelreserve innerhalb von fünf Minuten und Minutenreserve (Tertiärregelreserve) innerhalb einer Viertelstunde. Die Übertragungsnetzbetreiber unterscheiden außerdem positive und negative Regelreserve. Positive Regelreserve wird durch höhere Erzeugung oder geringeren Verbrauch erbracht. Negative Regelreserve wird hingegen durch geringere Erzeugung oder höheren Verbrauch erbracht. Der Einsatz der Regelreserve zum Ausgleich physikalischer Abweichungen zwischen Erzeugung und Verbrauch stellt sicher, dass die Differenzen zwischen Fahrplananmeldung und Ist-Zustand im Saldo über die gesamte Regelzone ausgeglichen werden. Diese Kosten für den Einsatz der Regelreserve werden über das Ausgleichsenergiesystem abgerechnet. D. h. weicht ein Bilanzkreis im Saldo von seinem Fahrplan ab, muss er die Kosten für den Einsatz der Regelreserve tragen. Die Ausgleichsenergiekosten sollen so wie eine Strafzahlung für Abweichungen vom angemeldeten Fahrplan wirken. Sie sind der zentrale Anreiz dafür, Bilanzkreise auszugleichen.
In der Grafik ist schematisch die zeitliche Verfügbarkeit der Regelreserve zu sehen.
Der Strommarkt vergütet Arbeit und Leistung
An den Spotmärkten wird explizit nur elektrische Arbeit gehandelt. Arbeit umfasst die bereitgestellte Energie, die Kilowatt- oder Megawattstunde. Implizit vergütet der Strommarkt aber auch Leistung auf Terminmärkten, Spotmärkten und in Strombezugsverträgen. Explizit vergütet der Strommarkt Leistung beispielsweise auf dem Regelreservemarkt, in Optionsverträgen oder Absicherungsverträgen.
Günstige Erzeugung hat Vorrang
Welche Anlage letztlich den Strom produziert, bestimmt bei Auktionen die sogenannte Merit Order. Das ist die Aufreihung der Anlagen entsprechend ihren angebotenen Preisen, zu denen sie bereit sind, Strom zu erzeugen. Die Preise reflektieren typischerweise die jeweiligen Erzeugungskosten. Genau genommen geht es um die Grenzkosten, also diejenigen Kosten, die zur Erzeugung einer weiteren Stromeinheit benötigt werden. Diese variieren je nach Anlagenart. Die günstigsten sind Laufwasserkraftwerke, Photovoltaik- und Windenergieanlagen. Sie haben nahezu ausschließlich Investitionskosten und nur sehr geringe Grenzkosten. Denn wenn das Wasser im Fluss strömt, die Sonne scheint oder der Wind weht, produzieren sie Strom. Im Gegensatz dazu haben konventionelle Kraftwerke allein durch die eingesetzten Brennstoffe höhere Grenzkosten. Sie kommen immer dann zum Einsatz, wenn Wasser, Wind und Sonne alleine nicht ausreichen, um den Strombedarf zu decken.
Auch bei den Kraftwerken mit höheren Grenzkosten gilt: Wer günstiger produzieren kann, hat Vorrang. Erst wenn der gesamte Strombedarf gedeckt ist, steht auch der Preis fest. Die Anlage mit den höchsten Grenzkosten, die noch Strom einspeist, bestimmt ihn. Er ist so hoch, dass auch diese Anlage wirtschaftlich betrieben werden kann. Gut für die anderen Produzenten: Sie bekommen den gleichen Preis und erhalten eine höhere Rendite.
Um die Qualität des Stroms müssen sich Käufer und Verbraucher keine Gedanken machen: Strom ist ein homogenes Gut, dessen Qualität immer gleich ist. Es macht qualitativ also keinen Unterschied, von welchem Anbieter ein Händler Strom einkauft. Denn das Stromnetz läuft in ganz Europa synchron. Der Markt wiederum ist sehr dynamisch und hilft dabei, dass alle profitieren – von einer bezahlbaren, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung.