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Negative Großhandelspreise

Negative Großhandelspreise können entstehen, wenn eine hohe und unflexible Stromerzeugung auf eine gleichzeitig niedrige Nachfrage trifft.

In wenigen Stunden des Jahres ist der Strompreis an der Börse negativ. Das bedeutet, dass Stromproduzenten in diesen Stunden für die Abnahme des von ihnen erzeugten Stroms zahlen müssen. Dies ist ein starker Anreiz, diesen Strom sowohl zu verbrauchen als auch nicht zu erzeugen. Jedoch gibt es bei konventionellen sowie bei erneuerbaren Energieträgern Gründe für das Weiterlaufen der Erzeugungseinheiten bei negativen Preisen.

Wann entstehen negative Strompreise?

Angebot und Nachfrage bestimmen die Großhandelspreise für Strom. Allerdings ist Strom ein besonderes Gut und nur bedingt speicherbar. Damit das Stromnetz stabil bleibt, muss er immer einen Abnehmer finden. Auf den Strommärkten treten die Speicher daher als Nachfrager von Strom (Einspeichern) und als Anbieter von Strom (Ausspeichern) auf.

Negative Strompreise auf kurzfristigen Strommärkten können entstehen, wenn eine hohe und unflexible Stromerzeugung auf eine gleichzeitig niedrige Nachfrage trifft. Meist fallen negative Strompreise in Phasen mit einer hohen Wind und/oder Photovoltaik-Einspeisung an. Eine besonders niedrige Nachfrage tritt oft an Feiertagen wie Ostern, Pfingsten oder Weihnachten auf.

Beispielsweise waren am Ostermontag, den 22. April 2019, zwischen 10.00 und 18.00 Uhr negative Börsenstrompreise zu bezahlen (durchschnittlich bei minus 52,75 Euro/MWh). An diesem Tag traf ein für die Osterfeiertage typischer, niedriger Verbrauch auf eine hohe Photovoltaik-Erzeugung. Trotz moderater Windeinspeisung reichte die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien über mehrere Stunden aus, um den Strombedarf in Deutschland vollständig zu decken.

Die Grafik zeigt die Stromerzeugung, den Stromverbrauch und die Großhandelspreise in Deutschland am Ostermontag, den 22. April 2019.

Weshalb erzeugen konventionelle Kraftwerke weiter Strom?

Es gibt vielschichtige Gründe, weshalb konventionelle Kraftwerksbetreiber in Zeiten negativer Preise ihre Anlagen in Betrieb halten. Wer beispielsweise ein großes fossiles Kraftwerk bewirtschaftet, hätte hohe Kosten zu tragen, wenn das Kraftwerk ausgeschaltet und später wieder hochgefahren würde. Dasselbe galt auch für große Kernkraftwerke Im Blick auf diese sog. An- und Abfahrkosten kann es somit betriebswirtschaftlich rational sein, in einer Phase mit negativen Preisen das Kraftwerk auf seine technische Mindestleistung herunterzuregeln, es aber nicht auszuschalten. Daneben optimieren industrielle Kraftwerksbetreiber den Einsatz ihrer Kraftwerke im Zusammenhang mit ihrem Stromverbrauch. Bei nuklearen Kraftwerken kamen technische und genehmigungsrechtliche Restriktionen hinzu.

Ein weiterer Grund den Betrieb aufrechtzuerhalten kann die Verpflichtung sein, vertraglich vereinbarte Systemdienstleistungen, wie bspw. Regelleistung, für die Netzbetreiber bereitzustellen. In diesen Fällen spricht man von sog. konventioneller Mindesterzeugung.

Vom Umfang her und auch wirtschaftlich bedeutsamer ist allerdings ein weiterer Grund: der sog. konventionelle Sockel. Dieser entsteht dadurch, dass konventionelle Kraftwerke Einnahmen nicht nur aus dem Verkauf von Strom, sondern aus diversen anderen Quellen erzielen. Aus Betreibersicht nachvollziehbar ist, dass KWK-Anlagen (KWK = Kraft-Wärme-Kopplung) ihre Strom-Produktion aufrechterhalten, wenn sie dafür verantwortlich sind, Wärme in ein städtisches oder industrielles Wärmenetz einzuspeisen und die Wärmeproduktion noch nicht von der Stromproduktion entkoppelt werden kann oder dies mit höheren Kosten für den Betreiber verbunden ist. Hinzu kommen weitere finanzielle Anreize, auch bei negativen Preisen Strom zu erzeugen, beispielsweise die sog. vermiedenen Netzentgelte (Zahlungen an Kraftwerke für eine Einspeisung unterhalb der Höchstspannungsebene) oder die sog. Eigenverbrauchsprivilegien (das Entfallen von Netzentgelten und EEG-Umlage für Kraftwerke von Industrieanlagen).

Warum speisen Windenergie- und Solaranlagen weiter ein?

Erneuerbare Energien werden in Deutschland durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert, da sie sich über den Markt noch nicht vollständig refinanzieren lassen. Erneuerbare Energieerzeuger erhalten eine garantierte Förderung für jede produzierte Kilowattstunde. Anlagen mit einer Leistung von mehr als 100 kW müssen seit dem EEG 2014 den erzeugten Strom auf dem Großhandelsmarkt selbst vermarkten (Direktvermarktung).

Bei einer Direktvermarktung erhalten die Betreiber dieser Anlagen anstelle einer Einspeisevergütung monatlich eine sog. gleitende Marktprämie, welche die Differenz zwischen der garantierten Vergütung und dem monatlichen Durchschnittserlös am Großhandelsmarkt ausgleicht. Die Höhe der Marktprämie ist also weitgehend unabhängig vom jeweils aktuellen Börsenpreis. Ein Betreiber einer Erneuerbaren-Energien Anlage nimmt daher negative Preise so lange in Kauf, wie diese durch die Marktprämie überkompensiert werden. Erst wenn der aktuelle negative Preis die Marktprämie vollständig aufzehrt, werden die Erlöse des Betreibers negativ und er hat den Anreiz die Anlage abzuschalten.

Zusätzlich trat mit dem EEG 2014 auch die sog. „Sechs-Stunden-Regel“ in Kraft. Demnach gilt, dass die Förderung größerer EEG-geförderter Neuanlagen in der Direktvermarktung ausgesetzt wird, wenn der Day-Ahead-Börsenstrompreis im Verlauf von sechs oder mehr Stunden durchgehend negativ ist. Tritt dieser Fall ein, erhalten die Anlagenbetreiber rückwirkend, ab der ersten Stunde mit negativen Strompreisen, keine Marktprämie mehr. Mit der Novelle des EEG im Jahr 2021 wurde dieser Zeitraum auf vier Stunden herabgesetzt.

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